„Friends for Nepal“: (Wieder) Aufbau am Himalaya
Gepostet am 29. Mai. 2015 in Architektur, Asien, Handwerk, Projekte, Schule, Sonstiges | Keine KommentareEin paar junge oder jung gebliebene Individualisten, insbesondere Tom Stuppner und der frühere Investmentbanker Andreas Klaus Eberhardt, haben sich mit dem 2007 gegründeten Verein „Friends for Nepal“ zum Ziel gesetzt, durch viel Liebe und Enthusiasmus, armen Menschen am „Dach der Welt“ eine helfende Hand zu reichen. Die Hauptaufgabe wird darin gesehen, die Landflucht zu stoppen, indem die Dorfstrukturen – in enger Zusammenarbeit mit der örtlichen Bevölkerung – gestützt werden und eine Infrastruktur aufgebaut wird. So wurde innerhalb kurzer Zeit eine Schule nach anthroposophischen Kriterien errichtet und ein Waisenhaus weiter ausgebaut. Ein besonderes Augenmerk wird auf soziale Probleme gerichtet, vor allem auf die Reintegration von Straßenkindern. Mehr als überschattet wurde diese Arbeit durch die schweren Erdbeben im Frühjahr 2015, die so große Zerstörungen anrichtete, sodass seither der Wiederaufbau im Brennpunkt steht.
74 Tage Volleinsatz hilft 3000 Menschen
Der Vereinsgründer Tom Stuppner, seine nepalesische Frau Usha, der Kassier Günther Kurz und deren Freundin Sangitha wurden vom schweren Beben am 25. April 2015 in der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu überrascht. Obwohl im wahrsten Sinn des Wortes schwer erschüttert, organisierten sie gemeinsam mit den „Friends of Nepal“ umgehend Soforthilfe und begannen mit der Soforthilfe und dem Wiederaufbau der zerstörten Häuser. Tom Stuppner, im Brotberuf Heilmasseur, weiß wie sich ein Erdbeben anfühlt, denn in weniger als drei Monaten hat er in Nepal mehr als tausende erlebt. Zwei davon waren extrem. Das schwere Beben vom 25. April schildert er nach seiner Rückkehr bei einer Veranstaltung in Mattsee so: „Kurz zuvor hatten wir auf dem Organic Market in Kathmandu mit einem britischen Militärseelsorger über Armageddon gesprochen. Keine halbe Stunde später begann die Erde zu beben. Wie in der Jahrmarkts-Attraktion Rotor, das man vom Prater kennt, wirken bei einem Erdbeben Fliehkräfte und zusätzlich rüttelt und schüttelt sich der Boden. Ich hatte totale Angst um Usha und Sangitha, die auf einer Brücke standen, als es losging. Ringsherum fielen Säulen um, Häuser stürzten ein, totales Chaos brach aus und durch die Zentrifugalkraft konnte ich mich nur sehr langsam auf die beiden zu bewegen. Endlich konnte ich die beiden Frauen erreichen und wir gelangten über eine Halde aus Müll und Schutt auf eine freie Fläche. Zufällig die Parkanlage des Vize-Präsidenten von Nepal.“
Schnelle Erstversorgung durch gute Organisation
Bei der mühseligen Rückfahrt zurück in das Dorf Lama Gaon, wo der Verein „ Friends for Nepal“ eine Schule baut, wurde das Ausmaß der Zerstörung erst richtig sichtbar. Mit der Einrichtung eines Headquarters und einer lösungsorientierten Strategie gelang es Tom Stuppner zusammen mit örtlichen Freiwilligen, 3.000 Menschen binnen kürzester Zeit zu helfen. Denn dank facebook konnte man mit Pateneltern und Sponsoren in Kontakt bleiben und sie stetig über die aktuelle Situation informieren. Mittels Google Earth wurde das Krisengebiet im Umkreis von einigen Hundert Kilometern in Sektoren eingeteilt. Menschen auch außerhalb des Dorfes wurde direkt geholfen. Dabei war die Zusammenarbeit mit anderen NGOs ganz wichtig. Gerade mit den kleineren Organisationen gab es einen positiven Zusammenhalt. Auch wenn dem Team seitens der nepalesischen Regierung immer wieder Stolpersteine in den Weg gelegt wurden, bauten sie bereits nach zwei Wochen neue Häuser für die Hilfsbedürftigen. Diesmal Erdbebensichere.
Starker Rückhalt aus der Heimat
Besonders starken Rückhalt erhielten die „Friends for Nepal“ von den österreichischen Unterstützern. Durch spontan organisierte Benefizkonzerte, Medienaufrufe und eine enorme Spendenbereitschaft kam die sensationelle Summe von 170.000 Euro zusammen. Dieses Geld kam für eine schnelle und strukturierte Nothilfe zum Einsatz. Es wurden Zelte, Schlafsäcke, Ziegelsteine und vor allen Dingen auch Lebensmittel organisiert. „Mit dieser grandiosen Summe konnten wir nun auch den Grundstein für weitere Langzeitprojekte legen“, freut sich Stuppner. In den nächsten Jahren soll ein Health Zentrum inkl. Trauma-Therapie fertig gestellt werden. Ein Wasserprojekt mit Pipeline und Abfüllanlage für wiederbelebtes Wasser und ein Siedlungsprojekt ist auch in Planung. Zum Abschluss der Veranstaltung in Mattsee, als dem Verein von der Volksschule Mattsee ein Spendenscheck überreicht wurde, sagte Tom Stuppner: „Ich bin so dankbar für die Unterstützung, die wir hier in Österreich und auch in Deutschland für unsere nepalesischen Freunde erfahren haben. Außerdem kam große Hilfe aus Skandinavien, Brasilien und Hongkong. Es gab dramatische Augenblicke, aber auch so viele wunderbare Momente. Diese zeigen uns, dass wir am richtigen Weg sind. Es gibt noch viel zu tun und wir freuen uns über jede nur erdenkliche Hilfe. Damit wir den Menschen in Nepal den Weg in ein Leben mit Zukunftsperspektiven ein Stück weit ebenen können.“
Quelle: Berichte von Tom Stuppner (redaktionell gekürzt und überarbeitet), Artikel von Martina Molih, Redaktion www.die-gute.net )
Vom Investmentbanker zum Trauma-Arbeiter
Interview | Karin Bauer, Der Standard 2. Mai 2015, 09:00
Andreas Eberhardt war Pionier in der Hedgefonds-Szene, jetzt engagiert er sich gegen die Not der Straßenkinder in Nepal. Die Bilder der Vernichtung durch die Erdbeben in Nepal mit vielen Tausenden Toten, hunderttausenden ohne Wasser, Nahrung, ohne jede Infrastruktur, gehen um die Welt. Hilfseinsätze stehen vor riesigen logistischen Problemen. Andreas Klaus Eberhardt und Tom Stuppner sind mit ihrem Verein „Friends for Nepal“ seit 2007 mit ihren Sozialprojekten mit Schwerpunkt Montessori-Schulausbildung in Nepali durch Nepaler, tätig und von der Zerstörung auch unmittelbar betroffen. „Tom ist vor Ort als Spezialist für Kriseneinsätze, ich renne mir hier die Hacken ab für Spenden. Wir brauchen akut alles: Wasser, Nahrung, Zelte“, sagt Eberhardt. Er ist ausgebildet in Osteopathie und Trauma-Arbeit. Bis dorthin liegt ein steiler Weg hinter ihm mit einem großen Wandel: Eberhardt war einer der sogenannten Rainmakers in den Boomjahren der derivativen Anlageprodukte, hat den ersten großen Hedgefonds des Landes (mit Bernd Hasenbichler) gemacht und ein Leben im Bankerhimmel mit Positionen von Creditanstalt bis Nomura inklusive viel Geld geführt. Bis zur großen Wende in seinem Leben: Zum Engagement für Bildung und Trauma-Aufarbeitung als Lebensaufgabe.
STANDARD: Vom Saulus zum Paulus – wie kam es zur kompletten Richtungsänderung?
Eberhardt: Ende der 90er-Jahre – ich war damals selbstständig als Asset-Manager -, als mein erster Sohn zur Welt kam, habe ich viel infrage gestellt. Ich habe meine Firma an Christian Baha verkauft, er hat daraus Superfund aufgebaut. Ich habe bei Raiffeisen angeheuert. Durch die Beschäftigung mit systemischem Denken und mit Buddhismus wurde mir immer klarer, was ich nicht mehr tun kann. Es hat auch eine Krankheit mitgespielt. Ich habe dann sozusagen umgeschult: Osteopathie und Trauma-Arbeit, Ausbildungen gemacht. Äußerlich war der Wendepunkt wahrscheinlich der Tag, an dem in Kathmandu ein kleines Kind ohne Füße und Hände zu mir krabbelt und bettelt. Das ist mir so tief ins Herz gefahren. Aber ich muss dazu sagen, dass ich ohne meine zwei Söhne, ohne die wunderbare dramatische Veränderung in meinem Leben, in mir und um mich herum durch die Geburt der zwei, wahrscheinlich überhaupt nie nach Nepal gekommen wäre. Es ging schrittweise, aber unaufhaltsam.
STANDARD: Dann ging’s ziemlich schnell …
Eberhardt: Eigentlich ja. Ich hatte Tom kennengelernt und wir wollten etwas für die vielen ausgesetzten Kinder, für die Straßenkinder machen. Das war Anfang 2007. Drei Wochen später hatten wir unseren Verein gegründet und mit eigenem Geld und mit Spenden Land gekauft und eine Schule gegründet, ein Waisenhaus ausgebaut. Tom hatte vor Ort schon ein Netzwerk. Wir konnten zuletzt 100 Kinder in allen Schulstufen unterrichten und versorgen – Unterrichtssprache ist Nepali, die Lehrer sind in Montessori-Pädagogik geschulte Nepaler.
STANDARD: Wie groß ist die Zerstörung rund um eure Projekte?
Eberhardt: Die Bilder, die Tom auf unsere Facebookseite schickt – wenn er Verbindung hat -, zeigen das Ausmaß. Das Waisenhaus ist ziemlich zerstört, die Lehmziegelhäuser rundherum sind großteils Schutthaufen. In den Bergen sind die Dörfer, in sich komplette Organismen des Zusammenlebens, einfach vernichtet. Das Problem während der Beben war auch, dass die Menschen in ihre zerfallenden Häuser zurückgelaufen sind, um letzte Lebensmittelvorräte zu holen oder aus den Trümmern der ersten Beben auszugraben. Jetzt kommen die schweren Regenfälle des Monsuns. Das bedeutet sehr wahrscheinlich in dieser Situation: Seuchen. Und es ist leider auch so, dass in der Nacht schwere Plünderungen stattfinden.
STANDARD: Warum fliegen Sie nicht nach Nepal?
Eberhardt: Ich bin hier derzeit viel nützlicher, Tom ist ja vor Ort – ich habe auch nicht seine militärische Krisenausbildung. Ich sammle Geld, damit Überleben, Leben, möglich wird, dass Familien wieder miteinander sein können. Vor Ort arbeiten wir auch seit einiger Zeit mit der Medizinischen Fakultät der Uni zusammen, konnten Trauma-Arbeit im Spital integrieren. Dieses Team dort hat mit Spenden von null auf mittlerweile 1200 Mitarbeiter aufgebaut und eine Infrastruktur in vielen kleinen Satelliteneinrichtungen geschaffen. Das wird uns beim Aufbau sehr helfen – und dieses Modell der „Satelliten“ ist auch unser Weg und Plan für Schulen und Waisenhäuser (Anm.: Andreas Eberhardt flog Ende Juni nach Nepal und löste Tom Stuppner ab.).
DER STANDARD, 2./3.5.2015. Andreas Klaus Eberhardt (51) ist gebürtiger Kremser, begann seine Bankerlaufbahn bei der Schweizer Creditanstalt auf Gibraltar, machte sich in der Szene der Hedgefonds-Manager und Alternative Investments einen Namen, bevor er 2007 endgültig ins Soziale umstieg.
Nur ein Tag…
Zwei Monate sind nun nach dem Ersten schweren Beben vergangen und ich hatte gerade ein interessantes Gespräch mit ein paar Volontären, die zugleich auch meine Familie sind. Wie sehr sie stolz sind auf die geleistete Arbeit, da sie von der Bevölkerung enormen Zuspruch erhalten haben und angeblich nun mein Name in aller Munde ist. Ich freute mich sehr für sie, über ihre Worte und ihren Stolz. Ich sprach ihnen weiteren Mut zu, auf diese Taten zu bauen und für die Ewigkeit den Menschen zu dienen, wenn es für sie gut ist. Ich bat sie aber auch, wenn es zu weiteren Gesprächen mit den Leuten kommt, dass sie meinen Namen nur als Vermittler von Nepal und unserer NGO verwenden sollen und dass ich ohne diesem großartigen Team an Volontären und den großzügigen Spendern hilflos wäre.
Ich möchte gerne diese Vibes zu euch senden, da es unser aller Bestreben war Hilfe zu leisten. Wenn ich so Resümee ziehe über die letzten 2 Monate fällt mir nur ein Wort dazu ein… DANKBARKEIT…bitte nimmt sich jeder ein Stück davon…ich habe reichlich davon.
Jetzt noch ein bissal Tagesreport von unseren heutigen Tätigkeiten: 5:30 hieß es aufstehen, damit ich Andreas und seinen Sohn Ari vom Flughafen abholen kann. So schön, ich habe mich sehr gefreut Mr. Wingman zu begrüßen. Aber es gab für die beiden keine Ruhe nach der strapaziösen Reise, da ich sie sofort zu einem Hotspot mitnahm. Und zwar gings nach Chhaling, zu unserem eventuell neuen Schulbauprojekt. Wir erfuhren, dass uns nicht mehr soviel Fläche zur Verfügung steht. Es geht eigentlich nur um einen ganz kleinen Streifen, und wir sind gezwungen einen neuen Bauplan zu erstellen. Manchmal, aber nur manchmal denk ich mir, es gibt einfach Leute, die den Rachen nicht genug voll bekommen können. Der Enkelsohn will nämlich jetzt diesen schmalen Streifen verkaufen und stellt ihn nicht zur Verfügung. Naja dachte ich mir, die Freude werde ich ihm nehmen, wenn wir die Schule andersrum bauen, dann kann er mit seinem schmalen Streifen machen was er will und niemand, aber auch niemand, wird ein Land zwischen Schule und einen anderen Acker kaufen der zwei Meter Breite hat….
Dann kams: Es gibt keine Genehmigung von der Municipality, die Lehrerin brach in Tränen aus, als sie mit Rabin telefonierte. Ich und Andreas und Sunny (Baumeister) gingen dann zu DEO (Distrikt Education Office) um zu erfahren, welches Problem es gäbe und am Ende der Diskussion kam innerhalb einer Minute heraus, es gibt gar kein Problem, wenn wir eine private Schule finanzieren wollen hat die Regierung keinen Einfluss, es gibt halt dann kein Dankesschreiben….Ha…Danke, das brauchma wirkli ned, also legen wir los. Neuer Plan, neue Idee…
Da es eine private Schule ist, soll es ihnen auch etwas Wert sein, dass wir ihnen die Schule bauen. Sie bezahlte vorher für ihr Gebäude 65000 Rupies im Jahr, das wollen wir auch und dieses Geld werden wir reinvestieren. Direktoren happy, wir sind happy, morgen geht’s los und alles hat seinen WERT! Dann gabs noch eine erfreuliche Hausübergabe, schon wieder mit einem warmen Bier, würg, aber irgendwie spricht sich das herum. Es offenbarte sich nach der „offiziellen“ Übergabe dann eine kurze, aber sehr herzliche Stimmung im Ziegenstall, der in der Übergangszeit als Notquartier genutzt wurde.
Keine Ruhe gabs für Andreas und zerrte ihn gleich weiter zu unserer Healths-Station, die mit Masse von Gunther Pitterka gestützt wird, danke Gunther, is echt a Hammer von dir! Hier gibt es weitere Fortschritte, auch wenn langsam, aber doch. Andreas hatte auch gleich mal eine gute Idee und wir prüften mit unseren 2. Baumeister, ob dies die Statik zulässt. Aber es ist unglaublich, was alles möglich ist. Dann gings weiter zur Schule, wo noch weiteres geplant und besprochen wurde. Jetzt sind Andreas und Ari sicher schon im entferntesten Nirvana und können sich nach einer langen Reise in den Polster verkrümeln… Ich hoff Andreas, du verzeihst, aber wir sind ja nicht auf Urlaub gö? Morgen großes Treffen zwischen unserer NGO und den Landeigentümern der großen Wasserquelle und unseren Rechtsanwalt. Bin schon sehr gespannt, was am Ende rauskommt, aber sicherlich was Gutes, sonst gibt’s kein Projekt 😉 So, nun noch ein bissal Büroarbeit und dann geht’s auch für mich ins Bett. Heute unseren Flug bestätigt bekommen. 1 Juli geht’s direkt nach Salzburg.
Leicht gekürzter Auszug aus dem Blog von Tom Stuppner, 25. Juni 2015
Infos:
http://www.himalaya-development.org oder Facebookseite von Tom Stuppner: https://www.facebook.com/tom.stuppner?fref=ts, Spenden: Friends for Nepal, Salzburger Sparkasse Bank AG, BLZ: 20 404, KtoNr.: 40 48 8926, BIC: SBGSAT2S , IBAN: AT 43 2040 4000 4048 8926
Fotolegende (v.o.n.u.): 1. Spielen soll in der Schule und im Waisenhaus trotz der Not nicht zu kurz kommen. 2. Die Schäden nach den Beben zwang viele Nepalis in Notunterkünften zu leben. 3.-6. Kleine bildliche Historie des Schulbaus in Gaon, 7. Andreas Klaus Eberhardt, 8. Schulklasse in Gaon, 9./10. Tom Stuppner bei der Verteilung von Hilfsgütern und beim Besuch eines behinderten Nepali. 11. Tom und Usha Stuppner. Alle Fotos Copyright bei „Friends of Nepal“